Gratis-Perlen für die Zahlnix-Säue

 


Wie halten Sie es mit dem Geld Ausgeben im Internet? Geben Sie bei Hinz&Kunz Ihre Kreditkartennummer an? Nein? Dann sind Sie wohl auch einer dieser Web-Schmarotzer, die alles umsonst haben wollen. Free net, free movies, free news, free music, free pics…?


Ich bin da anders! Kein Asozialer! Kein Google-Terrorist! Keiner, der unsere Jahrtausende alte, abendländische Kultur für lau abverkauft! Wahre Leistung, wahrer Lohn, das war schon immer meine Devise. Daher löhne ich brav, wo es geht, mache diesen ganzen Online-Banking-Kram mit, obwohl er mir mit seinen täglich neuen Sicherheitsvorgaben den letzten Nerv raubt, und teile sogar jedem meine Visa-Card-Nummer mit, der sie haben will. Sie lautet übrigens: 3742 4556 0123 3999, die Prüfziffer ist 789.


Man muss sie nämlich demütigen, diese Billigheimer, diese Geizkrägen, diese Gratis-Abgreifer. Man muss sie so zumüllen mit Geschenken, dass sie danach winseln, endlich einmal wieder etwas Werthaltiges erwerben zu dürfen. Ein Buch zum Beispiel. Ein richtiges Buch. Mit massiven Deckeln, strukturierter Oberfläche, Lederrücken und edlem Papier. Ein Buch, das man nicht mal lesen muss, weil einem nämlich schon beim Anfassen einer abgeht. Das man einfach besitzen will, weil man damit eintaucht in die Literaturgeschichte, ein Teil von ihr wird, als Zwerg auf den Schultern von Riesen wie Thomas Mann oder Mario Vargas Llosa auf das profane Weltgeschehen blickt und dieses so von ganz oben und von ganzem Herzen verachten kann.


Als Demütigung habe ich jetzt ebenfalls ein Buch auf den Markt geworfen. Allerdings ein eBook. Also keines für die Liebhaber des Papiers. Eine ganz windige, schon aus technischen Gründen mehr schlecht als recht zusammengeschusterte Angelegenheit. Man kann es nur auf Tablet-PCs wie dem iPad oder dem Kindle lesen. Natürlich biete ich das eBook (es heißt übrigens »Versurft!« und beinhaltet meine gesamten hier erschienenen Deppen-Kolumnen) nicht etwa im iTunes-Store oder bei Amazon an. Dort würde man nur wieder zum ungeliebten Geldausgeben animiert, zudem hätte ich dafür erst noch umständlich eine ISDN-Nummer erwerben und so das Ganze dem Finanzamt melden müssen. Nein, ich verticke das Teil völlig kostenfrei über meine Homepage www.deppimweb.de


Mein gesamtes Lebenswerk können sich die Kostenlos-Kretins also für Nichts (und natürlich völlig unverdient) auf den Schreibtisch ziehen. Irgendwann wird ihnen auffallen, dass der immer mehr zum Grabbeltisch mutiert. Dann werden sie angerobbt kommen und mich bitten, doch wenigstens 29,90 Euro zahlen zu dürfen. Aber ich werde den Zahlnix-Säuen antworten: »Behaltet ihn, euren schnöden Mammon« und ihnen dann noch folgende, alte Weisheit der Cree-Indianer hinterherschmeißen:


»Erst wenn es Karl Marx kostenlos im Appstore gibt

wenn sogar Sony-Music bei YouTube erklingt,

wenn auch alte TV-Klassiker in der Mediathek auftauchen

und wenn sich der letzte Abmahnanwalt umschulen lässt,

dann werdet ihr merken,

dass ihr für euer Geld nichts mehr kaufen könnt.«

Aber dann ist es zu spät.


 

 

 


Bitteschön, hier sind meine Geodaten!

 


Uns kleinen Lichtern gebricht es oft an Aufmerksamkeit. Niemand interessiert sich für uns. Wir sind die, „die im Schatten watten“.



Ich zum Beispiel würde heute noch im Baumarkt unbemerkt herumstehen und auf Kaufberatung hoffen, wenn ich nicht gelernt hätte, meine Unwichtigkeit in Relation zum Obi-Personals zu akzeptieren und meine Einkäufe einfach unberaten tätigen würde. Dass mir Leute wie ZDF-Intendant Markus Schächter nicht auf meine Mails antworten, in denen ich mich über die nuschelnde Frau Slomka und die Zukunft von „Wetten, dass..?“ ausgelassen habe, das erwarte ich ohnehin nicht.



Angesichts derartiger Ignoranz bin ich bereits für Spurenelemente von Zuwendung anfällig. Wenn mich zum Beispiel halbwegs freundliche Menschen anrufen, um mir etwa einen neuen Telefonanbieter oder ein Zeitschriftenabo anzudienen, kann ich schlecht Nein sagen. Dann bin ich gerührt. Erst recht, wenn die Anrufer freundlicherweise das Geld gleich selber abheben.



Ich freue mich auch, wenn Leute an meinem Leben Anteil nehmen. Dass sie zuhören, wenn ich mit anderen telefoniere, dass sie neugierig überprüfen, wo ich hinsurfe, dass sie meine Fassade fotografieren oder dass sie wissen wollen, wo ich mich gerade aufhalte. Das bauchpinselt mein Ego und gibt mir das Gefühl, nicht völlig unbedeutend zu sein. Ich lasse daher – trotz bescheidener Akkulaufzeit - immer mein Handy an. Da findet man mich, wenn ich mich verlaufe. Da weiß der Terrorfahnder, dass ich es nicht gewesen sein kann, wenn anderswo eine Bombe hochgeht. Da kann mich vielleicht auch mal jemand persönlich ansprechen und mir zuraunen: „Ach Sie sind der Depp, von dem ich schon so viel gelesen habe.“



Deswegen habe ich mich jetzt bei Foursquare angemeldet. Damit kann ich überall mit einem Klick „einchecken“ und der Welt berichten, wo ich mich gerade befinde. Da kann ich den Leuten auf Facebook oder Twitter mitteilen: „I´m at Baumarkt, Bediennixstraße.“ Dann können sie vorbei kommen und mir eventuell sagen, welche von den Halogenbirnen in meine Computerleuchte passt. Oder: „I´m at Scheißhaus, Karstadt.“ Dann wissen sie: Da ist erst einmal besetzt, und können woanders hingehen, wenn sie müssen.



Foursquare ist auf meinem Handy installiert und sucht sich von selbst den richtigen Ort. Mein Handy kann nämlich GPS und weiß daher, wo ich bin. Foursquare verbreitet das an meine Bekannten und jeden, der sich sonst noch dafür interessiert, beispielsweise den Bundesnachrichtendienst.



Aber nicht nur das. Mit häufigem Einchecken kann ich Mayor, also Bürgermeister, von bestimmten Örtlichkeiten werden. Wer zum Beispiel bei manchen Geschäften Mayor ist oder zumindest genug Punkte gesammelt hat, bekommt dort ein T-Shirt oder einen Capuccino. Eventuell wird man in Baumärkten als Bürgermeister sogar bedient. Aber das habe ich mangels Beratung noch nicht überprüfen können.



Zum Mayor habe ich es nämlich bisher nur an einer Location gebracht: „I´m at Deppenbüro.“ Da hat außer mir noch niemand eingecheckt.    



 

 


Ab ins Gugelheim!

 


Junge Menschen reden übers Abnehmen, Mittelalte übers Langlaufen. Und ältere? Die reden über Krankheiten.



Da will ich nicht zurückstehen.



Ich leide nämlich am Gugelheimer Syndrom. Einer Krankheit, die ich selber erfunden habe. Sie können sie also noch nicht kennen, werden sie aber gleich kennenlernen.



Das Krankheitsbild ist hochkomplex. Der Patient, also ich, fällt im Alltag nicht unangenehm auf. Solange er sein Smartphone dabei hat.



Hat dieses jedoch keine Netzanbindung, ist der Akku leer oder liegt es woanders herum, weist der Gugelheimer-Kranke massive geistige Defizite auf. Bei mir äußert sich das darin, dass ich zum Beispiel nicht mehr weiß, wann die Schlacht bei Königgrätz stattgefunden hat, von welcher Band das Lied „Kommando Pimperle“ stammt oder warum Büffelmozarella Büffelmozarella heißt.



Solche Dinge habe ich früher problemlos hersagen können. Jetzt fallen sie mir nicht mehr ein.



Ich weiß jedoch ganz genau, wo ich sie finden würde, hätte ich nur mein Smartphone dabei. Entsmartphont stehe ich allerdings dumm herum, fange das Gatzen und Stottern an und ärgere mich darüber, dass ich mir derart simple Dinge nicht mehr merken kann.



Im Internet stieß ich jetzt auf eine Studie (für die, die es genau wissen wollen: sie ist von Betsy Sparrow, einer Psychologin an der Columbia Universität). Die geht davon aus, dass wir ein „transaktives“ Gedächtnis besitzen. Das heißt, wir merken uns Sachen nicht, wenn wir eine Person oder eine jederzeit verfügbare Quelle kennen, die wir anzapfen können. Wenn mein Partner den Fahrplan auswendig kann, muss ich mir beispielsweise schon mal nicht die Abfahrtzeiten der S-Bahn zum nächsten Dorftrottel-Treffen merken. Wenn mein Handy alle wichtigen Rufnummern speichert, brauche ich damit mein Gedächtnis nicht belasten... Das meiste ist allerdings über Google abrufbar. Daher heißt das Syndrom auch GUGELheimer. Das HEIMER wiederum kommt von Alzheimer, schließlich geht es ums Vergessen.



Diese Krankheit hat echtes Pandemiepotenzial und darf schon deshalb nicht vernachlässigt werden. Man stelle sich nur einmal vor, irgendwann fällt vermehrt der Strom aus, dann haben wir nicht nur kein Privatfernsehen mehr, dann kann uns auch keiner mehr sagen, wann das Konzil von Konstanz stattfand. Gar nicht auszudenken!



Gugelheimer gehört also bekämpft und zwar rechtzeitig. Am besten in Gugelheimen, die vergleichsweise kostengünstig betrieben werden könnten, da dort das Pflegepersonal weniger wichtig ist als der WLAN-Anschluss.



Ach so. Falls irgendein Professor diese Ausführungen lesen sollte, dann möchte ich freundlichst anfragen, ob er mir für meine neuartigen Erkenntnisse nicht einen Doktortitel verleihen möchte. Ich würde ihn auch dezent verwenden. Aber zum einen finde ich den Hut cool.  Zum anderen würde ich Begrüßungen, wie „Servus, Depp!“ gerne mit „Doktor Depp! So viel Zeit muss sein!“ beantworten.


 

 

 


Der Tod ist eine Marktlücke

 



Ich weiß, ich weiß: Killerspiele darf man nicht gut finden – schon aus pädagogischen Gründen. Andererseits: Hier sind wir ja unter uns. Betagtere Menschen wie wir sind charakterlich  gefestigter. In echt schnappt sich kein Silver-Shooter ein Maschinengewehr und knallt eh schon gebeuteltes Pflegepersonal ab.



Bei mir hatte das Ballern sowieso einen ganz anderen Effekt:  Mir wurde die Endlichkeit meines Daseins bewusst. Wegen einer für mich nicht ganz durchschaubaren Benutzerführung schaffte ich es nämlich nicht, mir rechtzeitig eine Waffe vom Boden aufzuheben. Mit meiner bloßen Hand konnte ich gegen die Orks nichts ausrichten und wurde platt gemacht. Mein Monitor färbte sich rot und ehe noch der Schriftzug „Game over“ erschien, wußte ich:  „Weia, jetzt bist du tot“.



Selber gestorben bin ich noch nie. Deswegen was das ein Schock. Vor allem als mir die Folgen bewusst wurden!



Was wird aus meiner Homepage? Wer beantwortet meine E-Mails? Wer übernimmt meine Twitter-Follower? Wer löscht meine kompromittierenden Flickr-Fotos? Wer sagt meinen Freunden, dass sie mir nicht mehr zum Geburtstag gratulieren müssen? Wer erklärt Xing, dass ich keinen Job mehr suche?....



Eine Heidenarbeit, wenn man sich, wie ich, auf mehr als hundert Plattformen und Online-Diensten als „verblichen“ melden müsste. Raus ist schwieriger als rein. Und wenn ich selber nicht mehr eingreifen kann, müsste jemand meine Passwörter kennen, sonst geht gar nichts.



Am besten also: Man regelt seinen digitalen Nachlass, wenn man noch bei Kräften ist.



Dafür gibt es auch eine Lösung. Sie heißt Legacylocker Das Abmelden wird da mit den notwendigen Anweisungen an eine Vertrauensperson übergeben. Die kann, sobald sie den Totenschein hat, zum Beispiel den Facebook-Status auf „memorialized“ setzen,. Den Freunden wird so signalisert: Der antwortet nicht mehr, selbst wenn du ihn anstupst. Statt „happy birthday“  können sie „R.I.P.“ posten und Mark Zuckerberg verliert nicht durch schnödes Ableben einen Benutzer.



Den Dienst gibt es leider nur auf Englisch und nicht kostenfrei. Auf Deutsch kommt der Schnitter bislang nur analog daher. Interimsweise könnte man es mit Socialsitter probieren, einer Art Urlaubsvertretung für das Facebookprofil, die Meldungen verschickt, wenn man nicht da ist. Allerdings wird höchstens für zwei Wochen ein Weiterleben simuliert, danach müsste einen wieder jemand anmelden.



Wir sehen also: Beim Tod klaffen noch Marktlücken. Wenn jemand diese schließen will und noch einen Deppen braucht, der mitmacht: Ich bin dabei!