Pfiffige Senioren bleiben im Bett



Es gibt ja so viel Böses auf der Welt. Gerade die Rent-ner trifft es oft. Warum? Sie sind häufig froh, wenn sich jemand mit ihnen unterhält. Sie sind gerne gutgläubig und daher leichter hinters Licht zu führen. Dafür stehen sie am Ende öfters als die Deppen da. Ich kenne das.



Ich habe beispielsweise einmal eine Straßenumfrage (mit-)gemacht. Die Frage lautete, ob es nicht an der Zeit wäre, dass Kinder und Rentner auch wählen dürfen. Viele der älteren Befragten meinten: Jawohl, das sei höchste Zeit, dass diese himmelschreiende Ungerechtigkeit ein Ende habe, schließlich verfügten die Rent-ner über eine enorme Lebenserfahrung und hätten viel mehr geleistet als die Jungen, also müsse man sie endlich »an die Urne« lassen.



Ein paar hatten aber auch geantwortet, sie seien erst unlängst wählen gegangen und niemand habe sie abgehalten, da könne was mit der Frage nicht stimmen. Das waren waren pfiffige Senioren. Die leimt man so schnell nicht. Und weil jeder statt »deppert« lieber pfiffig sein will, hat Barbara John aus Hannover eine Website ein-gerichtet, die sich an all jene wendet, die nicht über den Löffel balbiert werden wollen: www.pfiffige-seni-oren.de



Eine ganze Palette an Schweinereien ist da aufgeführt, mit der ruchlose Zeitgenossen den Rentnern ans Eigentum wollen. Da gibt es beispielsweise den Telekom-Trick. Hier verschafft sich der Unhold mit einer gefälschten Visitenkarte Zutritt zur Wohnung. Angeblich will er nur den Telefonanschluss überprüfen. In Wirklichkeit wählt er eine von ihm eingerichtete 0190er-Nummer und lässt die Einheiten durchrattern.


Oder die telefonische Gewinnbenachrichtigung: Die gerne bei Norma oder Plus einkaufende Seniorin bekommt die Mitteilung, ihr Supermarkt habe sie als Hauptgewinnerin gezogen, nun solle sie sich ihre 100.000 Euro – gefälligst schnell – abholen. Also brezelt sie sich auf (es könnte ja die Presse da sein) und eilt hin. In ihrem Einkaufsparadies weiß man natürlich nichts von einem Gewinnspiel, und 100.000 Euro Gewinn könne man bei der gegenwärtigen Kaufzurückhaltung schon gleich gar nicht locker machen. Als sie wieder daheim ist, ist die Wohnung ausgeräumt und unsere »Gewinnerin« ist ganz unten statt ganz oben.



Dabei hätte sie – wenn’s dumm gelaufen wäre – unterwegs auch noch ein skrupelloser Münzenbetrüger hereinlegen können. Von diesem wird man zunächst angerempelt, dabei lässt er ein paar Münzen auf den Boden fallen und sagt: »Sie haben da Geld verloren!« Verloren hat man jedoch nur, wenn man wirklich seinen Geldbeutel zückt, um die Münzen einzusacken.



Denn dabei verschwinden nämlich meistens die mit-geführten Scheine. Auch am Geldautomaten wartet häufig das Unheil. Miese Zeitgenossen manipulieren zunächst den Kartenschlitz: die Geldkarte steckt fest. Sobald der Eigentümer ohne Karte und ohne Geld von dannen gezogen ist, erscheint der Trickbetrüger, fummelt die Karte heraus und hebt damit munter Geld ab, schließlich hat er heimlich beobachtet, welche PIN-Nummer eingegeben wurde.



Was lernen wir daraus? Keine Fremden einlassen, das Portemonnaie am besten nie aufmachen, nie Münzen aufheben, kein Geld abheben... Doch nicht immer lässt sich Lug und Trug so einfach vorbeugen. Soll man beispielsweise sein Handy ausschalten, damit der Dieb nicht kostenlos damit telefonieren kann, oder soll man es lieber eingeschaltet lassen und schon mal 110 vor-wählen, falls man überfallen wird?



Auch solche Fragen werden bei www.pfiffige-senioren.de diskutiert. Im Forum der Website findet sich der gutgemeinte Vorschlag, einfach den Briefkasten abzuhängen, wenn man dauernd mit nervigen Gewinnbenachrichtigungen belästigt wird… Ein weiteres Problem ist, dass man nicht immer einen Internet-Zugang parat hat, wenn das Böse dräut, um bei den pfiffigen Senioren nachzugucken.



Daher zum Schluss ein ganz sicherer und leicht zu merkender Tipp, der eigentlich immer hilft: Bleiben Sie im Bett, stellen Sie sich tot, dann kann Ihnen nichts passieren.




Wie mich die Musikindustrie zum Kleinkriminellen machte

 


Wenn der heimische Rechner schon so ein schönes CD-Fach und zwei oberfidele Lautsprecher besitzt, möchte man das auch benutzen. Beim Surfen ist Musik schließlich ganz nett. Sie beruhigt die Nerven, wenn die Leitung mal wieder überlastet ist, und spricht in ihren besten Momenten etwas an, von dem viele gar nicht wissen, dass sie es haben: die Seele. Soweit die Theorie. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Copy-Control heißt der Übeltäter, der dem Seelenheil im Weg steht. Das haben Sie, liebe Denglisch-Gegner, sicher sowieso schon am Namen erkannt. Bei mir (Depp!) dauerte es dagegen etwas länger.



Auf den Musik-CDs stehen nämlich jede Menge kryptische Zahlen, Zeichen und Striche drauf, da dachte ich mir bei dem kleinen Copy-Control-Logo erst einmal nichts. Erwartungsfroh steckte ich die soeben erstandene CD in den Rechner. Aber anstatt für musikalisch unterstütztes Netzvergnügen zu sorgen, wollte das Gerät plötzlich nicht mehr. Es reagierte weder auf Klicken oder gutes Zureden noch auf Schläge gegen den Prozessor. Nicht mal die CD ließ sich auswerfen. Nur den Stecker konnte ich ziehen, um wenigstens die Stromkosten zu minimieren.



Mit Hilfe von Freunden und einer Büroklammer bekam ich es erst Tage später wieder hin. Der Grund für den Absturz, so erfuhr ich, sei der Kopierschutz, der sich hinter dem Namen Copy-Control verbirgt. Da hatte die Phonoindustrie nun einem braven CD-Käufer jede Menge Nerven und etliche Stunden Lebenszeit geklaut. Mal ganz abgesehen von den 15 Euro, die ich für eine CD geblecht habe, die ich nicht mal hören kann … Nun ja, so wurde ich schließlich zum Kleinkriminellen.



Wie, was, Sie verstehen das? Sie wollen diesen Weg auch mitgehen? Es denen heimzahlen? Nicht auf Musik verzichten, auch wenn sie umsonst ist? Bitteschön! Aber auf Ihre Verantwortung! Um sich Musik im handlichen und in Erlangen entwickelten MP3-Format (wir unter-stützen die heimische Wirtschaft!) herunterladen zu können, brauchen Sie erst einmal ein entsprechendes, meist kostenlos im Netz erhältliches Tausch-Programm. Am besten gehen Sie zunächst auf die Adresse www.netzpiloten.de und begeben sich dort auf die Tour mit dem Namen »mp3-downloads«. Dann müssen Sie bei Kazaa, Grokster oder Limewire nur noch den Anleitungen folgen und hoffen, dass die Stücke, die sie haben wollen, gerade im Angebot sind.



Manch freundlicher Musiker stellt auch freiwillig was ins Netz. Das kann man sich dann sogar ganz legal und ohne Tausch-Programm auf seine Festplatte laden. Ein großes Angebot solcher Titel bietet www.tonspion.de, dort gibt es auch eine – allerdings eher kleine – Klassik-Abteilung.



Wer sich jetzt Sorgen macht um die »armen Künstler« (wobei die kopierkontrollierten Musiker meist ohnehin schon gut verdienen), der kann ja an die Künstlersozialkasse spenden. Ich gehe schon mal mit gutem Bei-spiel voran und überlasse meine unspielbare CD dem Verband der Deutschen Phonoindustrie. Wenn’s mit dem Abspielen bei dem auch nicht klappt, soll er sich mal die 15 Euro zurückholen…



 

 

 


Rita mag es lang

 


Leider habe ich kaum Einfluß darauf, welche Bilder zu meiner Kolumne gestellt werden. Wenn ich zudem noch verlangen würde, hier ein Foto in Originalgröße abzudrucken, ginge das schon gleich gar nicht. Sie können mir somit also auch nicht weiterhelfen bei jener Frage, die mich gegenwärtig (wie offenbar auch manch anderen Websurfer) umtreibt: Soll ich meinen Penis verlängern?



Genau genommen treibt es mich erst seit ein paar Tagen um. Seitdem ich die Mail von Rita bekommen habe. Die wollte wissen (auf Englisch, warum auch immer), ob ich mich noch an sie erinnere und ob wir uns mal treffen könnten. Um mein Erinnerungsvermögen zu stimulieren, fügte sie die Adresse ihrer Home-page an. Da seien auch Fotos von ihr drauf, auf denen sie nichts an hat.



Schön, die Frau denkt mit, freute ich mich. Denn oft wechseln Frauen ja im Lauf der Jahre ihren Haar-Styli-sten und ihren Textil-Designer und dann erkennt man sie angezogen kaum noch wieder.



Rita? Eigentlich kannte ich niemand, der so hieß. Zumindest fiel mir niemand ein. Aber man vergisst ja gerne mal Namen, wenn man älter wird, sogar die von guten Bekannten. Also ab auf die Homepage!



Bevor ich dort jedoch die nackte Rita wieder erkennen durfte, ging plötzlich ein anderes Fenster auf und füllte meinen Bildschirm derart, dass ich nichts mehr wegklicken konnte. Ob ich nicht meinen Penis vergrößern wolle, stand da, und dazu eine Adresse, bei der man 149 Dollar abliefern soll. Dass das gar nicht weh tut, weil nämlich nicht – wie ich zuerst vermutete – überflüssiges Gewebe vom Bauch aus- und weiter unten wieder eingebaut wird, beruhigte mich dann so sehr, dass ich der Sache doch ein bisschen näher zu treten beabsichtigte.



Im Grunde genommen wollte ich allerdings das Gegenteil: Nicht mehr näher treten müssen, wenn ich muss. Mehr Distanz zum Geschäft. Das schien mir die 149 Dollar wert zu sein. Doch bevor ich die Bestellung ausfüllte, recherchierte ich lieber noch, ob es das Ganze nicht auch für Euro und ohne lästige Zollgebühren gibt.



Dabei erfuhr ich jedoch, dass das mit der Penisverlängerung überhaupt nicht funktioniert. Mit Tabletten und irgendwelchen obskuren Gerätschaften könne man gar nichts vergrößern. Außerdem beweise der Umstand, dass immer noch so viele Leute solche Produkte bestellen (darunter überraschend viele Frauen) nur: die Deppen sterben nicht aus. Aussterben möchte ich nun schon mal gar nicht. Ansonsten bin ich aber einigermaßen verunsichert. Zudem weiß ich immer noch nicht, wer Rita ist und ob ich nur mit einem Verlängerten auf ihre Homepage darf.





Entdecke die Hausfrau in Dir!

 


Nicht bloß Deppen (wie ich) sind im Web zugange, nein, auch die Polizei. Die macht das sogar dienstlich. Und wie immer, wenn die Polizei irgendwo auftaucht, ist es mit dem Spaß vorbei. Jetzt drohen die uniformierten Surfer damit, einen Internet-Führerschein einzuführen. Natürlich nur zu unser aller Bestem. Weil die Leute nämlich zu dusselig sind zum richtigen Surfen, sich Dialer einfangen, um dann zum 0190-Tarif durchs Netz zu brausen, ihre Kreditkartennummern in ganz Nigeria zu publizieren oder bei Ebay für teures Geld leere Päckchen zu ordern. Deshalb sollen sie erst einmal auf die Surfschule gehen und dann eine Prüfung ablegen.



»Lasst das«, kann ich als Betroffener da nur sagen. Wie soll ich diese Prüfung denn jemals bestehen, mit meinem hyperaktiven Klickfinger? Und vor allem: Wie soll ich auf die Hausfrauenseite kommen, wenn ich keinen Web-Führerschein habe?



www.hausfrauenseite.de ist nämlich schon lange Jahre eines meiner Lieblingsziele. Wenn man keine Ahnung hat, was man kochen soll: die Hausfrauenseite hilft. Wen Alltagssorgen plagen, der kann sie der Hausfrauenseite anvertrauen. Wenn man gerade wieder einmal jemanden heiraten will, der jedoch nicht so recht zieht, weiß die Hausfrauenseite Rat (Muskatnuss und Rosen-tau unters Kopfkissen). Sie gibt Tipps, wenn die Soße versalzen ist (Orangensaft zugeben) oder wenn man sich damit vollgekleckert hat (nicht reiben, nur tupfen).



Man findet dort auch Frauen, die auf die Frage, ob sie sich einen Kochplan für die Woche machen, so nette Sätze schreiben wie: »Ich frage meinen Schatz immer wieder mal, was er denn gerne essen würde, und habe so eine Anregung.«



Karriere-Frauen, Sie haben es gemerkt, verirren sich also eher nicht auf die Hausfrauenseite. Aber: bloß Schatzi, Schatzi, Eierkuchen herrscht auf dieser Seite trotzdem nicht vor. Zum Beispiel erzählt eine Hausfrauenseiten-Besucherin doch allen Ernstes, wie sie in wochenlanger Detektivarbeit herausgefunden hat, dass ihr Ehemann unfähig ist, die Klorolle zu wechseln, und bezeichnet das auch noch als »Drama«.



Ach so, Sie wundern sich: ein Mann auf einer Frauenseite? Darf der das? Ohne Führerschein? Keine Angst, noch ist es dem Web gleichgültig, wer darin herumgurkt, auch der Hausfrauenseite. Die hat sogar eine eigene Männerecke. Und wie schauen die Männer auf der Hausfrauenseite aus: Wie die Cartwrights von der Ponderosa-Ranch. So ändern sich die Zeiten: Cowboys werden zu Hausfrauen und Hausfrauenseiten zu 1a-Seniorenangeboten. Nur, wer zähmt jetzt die Bullen, wenn es keine Cowboys mehr gibt?